Background Image
Previous Page  13 / 32 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 13 / 32 Next Page
Page Background

Das etwas andere Interview

Seite 13

August 2015

S

ommerzeit ist Eiszeit. Und Eiszeit ist Jolly-Zeit.

Und das seit beinahe 50 Jahren. So lange gibt

es diesen beliebten Eislutscher nämlich schon.

Anlass genug, um den dreifärbigen Süßling um

ein Interview zu bitten.

Wie hält man sich so lange

jung? Macht da die Kälte et-

was aus?

Jolly

(lacht herzhaft): „Ja, die

Kälte macht da schon etwas

aus. Ohne Kälte würde ich

ganz schnell außer Form lau-

fen. Es würde nur wenige Mi-

nuten dauern und ich wäre un-

ansehnlich.“

Die erste Frage war viel-

leicht etwas provokant. Las-

sen Sie mich so fragen: Wie-

so sind sie seit 48 Jahren ei-

ne der beliebtesten Eissor-

ten? Im Vorjahr wurden Sie

von den Leckermäulern ein-

mal mehr zum beliebtesten

Eis gewählt.

Jolly:

„Die Mischung macht´s.

Himbeer und Ananas mit Scho-

kolade überzogen. Fragen Sie

selbst einmal die Leute, was sie

an mir am Liebsten haben. Sie

werden verschiedene Antwor-

ten bekommen. Die einen

freuen sich darauf, dass die

Schokolade im Mund zer-

geht. Andere können es gar

nicht erwarten, bis sie das

untere Drittel mit dem Him-

beereis erreichen.“

Aber trotzdem. 48 Jah-

re sind schon eine lange

Zeit. Sie sind inzwischen

der älteste Eislutscher in

Österreich.

Jolly:

„Ja, ich habe schon

viele Eissorten kommen

und gehen gesehen. Aber

das Twinni und das Brickerl

begleiten mich auch schon

lange. Das Cornetto auch.

Obwohl, da haben die Ge-

schmacksrichtungen schon

oft gewechselt. Ich habe

inzwischen den Vorteil, dass

mich wirklich alle Leute ken-

nen. Die Kinder, weil ein Ba-

detag ohne Jolly nur eine halbe

Sache ist und die Älteren, weil

sie mich schon in ihrer Jugend

geschleckt haben.“

So wie ich. Damals haben Sie

zwei Schilling gekostet. Heu-

te muss ich bis zu 1,30 Euro

(17,80 Schilling) bezahlen.

Jolly:

„Na und? Ich bin jeden

Cent wert. Außerdem hinken

solche Vergleiche immer. Weil

jetzt sage ich Ihnen einmal et-

was. Wie ich 1967 zum ersten

Mal auf einer Eiskarte um zwei

Schilling zu finden war, da hat

die Halbe Bier 4,40 Schilling

(32 Cent) gekostet. Der Li-

ter Benzin war um 3,78 Schil-

ling (27 Cent) zu haben. Das

Kilo Brot hat 8 Schilling (58

Cent) gekostet und wer Heiz-

öl brauchte, musste 1,40 Schil-

ling (10 Cent) für den Liter be-

zahlen. Und das alles bei einem

durchschnittlichen Monatslohn

von 2.352 Schilling (171 Euro).

So, jetzt

kann sich

jeder selbst

ein Bild da-

von machen, wie der Preis für

mich gestiegen ist. Außerdem:

Im Supermarkt gibt´s mich in

der Neunerpackung schon um

56 Cent pro Stück.“

Sie sind zwar ein beliebter,

aber beileibe nicht der erste

Eislutscher in Österreich.

Jolly:

„Nein. Das erste Eis am

Stiel gab es in Wien 1927,

nachdem vier Jahre zu-

vor der Amerikaner Har-

ry Brust in Ohio ein ähnli-

ches Eis vorgestellt hat. Das

waren gewissermaßen mei-

ne Großeltern. Meine Eltern

waren dann der Duo-Eislut-

scher Anfang der Sechziger-

jahre. Die waren auch schon

zweifärbig, aber noch ohne

Schokolade.“

Seither haben Sie viele ver-

schiedene Eissorten kom-

men und gehen gesehen.

Jolly:

„Dutzende. Ich kann

mich noch gut an die Sech-

zigerjahre erinnern. Da ha-

ben die Kinder jedes Jahr

der neuen Eiskarte wie dem

Christkind entgegengefie-

bert und zunächst alle neuen

Sorten durchprobiert um dann

festzustellen, dass halt ich im-

m e r

n o c h

das bes-

te Eis bin.

Das klingt

jetzt über-

heblich. Ist

aber so.“

Hat das viel-

leicht auch et-

was mit dem Preis

zu tun? Weil soweit

ich mich erinnern

kann, hat das Cornet-

to schon sechs Schil-

ling gekostet, als Sie im-

mer noch um zwei Schilling

zu haben waren. Genau die-

se zwei Schilling haben mir

meine Eltern ins Schwimm-

bad mitgegeben. Am Sonn-

tag gab´s dann hin und wie-

der ein Cornetto.

Jolly:

„Bei Qualität spielt der

Preis keine Rolle. Wenn ich

nicht gut wäre, hätte ich mich

nicht fast 50 Jahre an der Spit-

ze der Eiskarten halten können.

Gehen Sie hinaus und fragen

Sie die Leute. Glauben Sie, dass

Sie jemand treffen, der das Jol-

ly-Eis nicht kennt? Mehr sag´

ich jetzt gar nicht dazu.“

Glaubt man den Statistiken

und den Umfragen unter den

Eisliebhabern, dann erhalten

Sie mit Magnum und seinen

cremigen Kollegen eine im-

mer härtere Konkurrenz.

Jolly:

„Das lässt mich kalt. Im

wahrsten Sinne desWortes. Das

Magnumwurde erst in den 90er

Jahren eingeführt und muss erst

einmal so alt werden, wie ich es

bin. Bis es so weit ist, werden

an mir noch abertausende Men-

schen ihre Freude haben und

mich mit Genuss schlecken.

Und dann schauen wir einmal

weiter. Und jetzt legen Sie mich

bitte wieder zurück in die Ge-

friertruhe. Mir wird schon un-

angenehm warm.“

Interview: Rupert Lenzenweger

Was wäre

der Sommer

ohne

Jolly?

Im Jahr als das Jolly kam.

Auf

der Eistafel für den Sommer

1967 wird das Jolly als fruchti-

ge Neuheit angepriesen.