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Ze i t -Re i se
Wie viele Kollegen haben Sie
in Österreich noch?
Kaugummiautomat:
„Dazu
gibt es natürlich keine genauen
Zahlen. Aber ein paar tausend
sind es schon noch.“
Das Geschäft mit den Auto-
maten zahlt sich demnach
noch aus?
Kaugummiautomat:
„Da
müssen Sie meinen Betreiber
fragen. Aber ich denke, wenn
es sich nicht rentieren würde,
wäre ich nicht mehr da. Na-
türlich schwanken die Umsät-
ze von Automat zu Automat.
Ich weiß, dass meine Kollegen
an guten Plätzen monatlich bis
zu 300 Euro einspielen können.
Wieviel es bei mir ist, kann ich
nicht sagen. Ich kenne aber Au-
tomaten, da beträgt der monat-
liche Umsatz nur 20 Euro.“
Wer sind ihre große Konkur-
renten?
Kaugummiautomat:
„In ers-
ter Linie sind es die Super-
marktkassen. Da stapeln sich
die Süßigkeiten. Darunter auch
viele Kaugummis.“
Liegt es vielleicht auch dar-
an, dass das Angebot an den
Supermarktkassen appetitli-
cher erscheint?
Kaugummiautomat:
„Das
kann ich jetzt nicht beurteilen,
ich komme nie in einen Super-
markt (lacht blechern). Tatsa-
che aber ist, dass auch wir Au-
tomaten in der Regel gut ge-
wartet werden. Wir werden ge-
putzt und immer wieder mit
frischen Kaugummis befüllt.
Man braucht also nicht zu be-
fürchten, dass man aus ei-
nem Kaugummiautomaten ei-
nen schlechten Kaugummi be-
kommt.“
Und der Automat funktio-
niert immer?
Kaugummiautomat:
„Im
Grunde ist es eine ganz einfa-
che Mechanik, bei der kaum
etwas kaputt gehen kann. So-
fern uns nicht jemand mit Ge-
walt zu Leibe rückt. Und das
kommt leider auch immer wie-
der vor. Wir werden geschlagen
und getreten, mit Eisenstangen
gedroschen und hin und wieder
schon einmal mit einem Feu-
erzeug gequält. In der Regel
führt das aber meist dazu, dass
die Vandalen keinen Kaugum-
mi erwischen, den Automaten
aber beschädigen. Aber gerade
diese sinnlose Zerstörungswut
ist ja etwas, an dem in der heu-
tigen Zeit nicht nur wir Kau-
gummiautomaten leiden. Vor
sinnloser Zerstörung ist doch
praktisch nichts mehr sicher
und das Parkbankerl wird ge-
nauso sinnlos kaputt gemacht,
wie die Blumen in den Trögen
an Straßenkreuzungen geköpft
werden.“
Und hin und wieder bleibt ei-
ne Kinderhand im Automaten
stecken?
Kaugummiautomat:
„Also
bei mir ist das noch nicht pas-
siert. Aber natürlich kenne ich
auch die Geschichte von dem
kleinen Buben, der sich in ei-
nem Automatenhals mit dem
Kaugummikugerl
zwischen
den Fingern die Hand so ein-
geklemmt hat, dass er nicht
mehr herausgekommen ist. 15
Feuerwehrmänner haben ihm
dann geholfen, indem sie den
Automat mit einer Trennschei-
be aufgeschnitten haben. Wenn
ich daran denke, dass mir das
auch passieren könnte, läuft´s
mir kalt über den Rücken.“
Glauben Sie, dass das Auto-
matensterben vorbei ist und
es künftig wieder bergauf ge-
hen wird?
Kaugummiautomat:
„Glau-
be ich nicht. Ich glaube, wir
Kaugummiautomaten sind eine
aussterbende Rasse und mit je-
demAutomaten der verschwin-
det, nähern wir uns dem Ende
einer erfolgreichen Zeit, die
mit den ersten Automaten nach
dem Weltkrieg begonnen und
bis in die späten 1980er Jahre
gedauert hat.“
Interview: Rupert Lenzenweger
Nachtrag:
Leider waren in diesem
Kaugummiautomaten
in
Zell am Moos keine kleinen
Taschenmesserl drinnen. Wer
weiß, vielleicht hätte mich
dann sogar wieder der Ehrgeiz
meiner Kindheit gepackt ...
Einer der letzten Kaugummiautomaten
im ganzen Mondseeland hängt beim Seewirt in Zell am Moos und macht einen gepflegten Ein-
druck. Auch in Oberwang haben wir ein Exemplar dieser inzwischen sehr rar gewordenen Spezies gefunden.
Die kleine Sonja hat uns den Kaugummiautomaten
in Zell am
Moos gezeigt. Klar dass wir ihr dafür ein Fünfzigerl gespendet ha-
ben ...
Bilder: Marianne Obauer/Monika Barth/Colourbox