ir sind damit groß gewor-
den und haben verbotener
Weise den einen oder an-
deren Schilling zu viel da-
rin versenkt. Dabei hatten
wir eh schon genug Kau-
gummis. Aber nicht das kleb-
rige Zeugs hat es uns angetan,
sondern das kleine Taschen-
messer, das auch als Schlüs-
selanhänger verwendet wer-
den konnte. Wir waren nur
wenige Zentimeter davon ent-
fernt und doch war es für uns
durch eine Glasscheibe un-
erreichbar. Wir rüttelten den
Automaten, wir klopften und
trommelten auf das Ding. Das
Messer rutschte auch hin und
wieder in eine günstige Lage.
Aber herausgekommen ist es
nie. Schade.
Tagelang schlichen wir um
den Automaten. Wir wuss-
ten jederzeit ganz genau, wie
viel Kaugummikugeln im Be-
hälter waren. Weil mit jeder
Kugel die jemand aus dem
Automaten holte, wurde un-
sere Chance größer, dass wir
zu unserem Messerl kamen.
Inzwischen hatten sich schon
viele andere Dinge
angesammelt.
Ringe mit
b u n t e n ,
völlig unechten Steinen. Lus-
tige Figuren in durchsichtigen
Plastikkugeln. Dazu kleine
Trillerpfeifen, Dinosaurier,
Krokodile oder Schlangen.
Alles ging leichter her, als
diese Messerl.
Dabei hatte sich jeder von
uns eine ganz spezielle Taktik
zurechtgelegt. Die einen dreh-
ten die erste Hälfte am Rad
ganz schnell und die zweite
Hälfte dann direkt aufreizend
langsam. Wieder andere dreh-
ten langsam bis zum hörbaren
„klick“ und dann schnell. Ich
drehte das Rad gleich-
mäßig durch und hätte
damals geschworen,
dass das die beste Me-
thode ist. Dann fielen
die Kaugummis gegen
den Eisendeckel und
nicht selten zitterten
unsere Finger vor Ner-
vosität, wenn wir diesen
Deckel dann langsam
anhoben um zu schauen,
was der Automat alles
ausgespuckt hat.
Heute haben Kaugum-
miautomaten ihren Reiz
verloren. Sofern man
überhaupt noch welche
findet, geben sie oft eher
ein trostloses Bild ab. Be-
sprayt und beschmiert, von
vergeblichenAufbruchsver-
suchen mit Sprüngen und
angeschmolzenen Gläsern
verunziert.
Gibt es überhaupt noch
Kaugummiautomaten?
Diese Frage ist kürzlich in
der DOPPELPUNKT-Re-
daktion aufgetaucht. Und
weil wir keine eindeuti-
ge Antwort darauf gefunden
haben, haben wir uns auf-
gemacht, um nach de letz-
ten Kaugummiautomaten im
Flachgau und im Mondsee-
land zu suchen. Getroffen ha-
ben wir einen Automaten in
Köstendorf und der zeigte sich
von einer recht frischen Seite.
Wir stellten dem Automaten
einige Fragen.
Wie oft kommen noch Kinder,
um sich bei Ihnen einen Kau-
gummi zu holen?
Kaugummiautomat:
„Eher
selten. Das stimmt schon. Aber
es gibt immer noch Kinder, die
gerne an meinem Rad drehen
und sich dann über den Kau-
gummi oder das kleine Ge-
schenk freuen.“
W
Es waren
kleine,
wertlose
Sachen, die
uns Kinder
immer wieder
magisch
zu den
Automaten
zogen
Einer der letzten Kaugummi-
automaten
im Flachgau ist die-
ser Automat in Köstendorf.
Oktober 2015
Seite 12
Das etwas andere Interview