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Ze i t -Re i se
D
as Telefonat war unge-
wöhnlich:
„Servus Emanuel. Wir hätten
gerne ein Rezept von dir, für
ein außergewöhnliches Weih-
nachtsmenü. Drei Gänge für
vier Personen und es darf nicht
mehr als 20 Euro kosten.“
„Passt, habe ich. Schaut´s
nachmittags vorbei.“
***
Zwei Stunden später im „Wey-
ringers“ in Henndorf. Vom Re-
staurant aus sieht derGast direkt
auf den Wallersee. Der liegt in
diesen Tagen im weichen Licht
des Spätherbstes, der eigent-
lich schon tiefster Winter sein
müsste. Bevor wir weiter philo-
sophieren legt uns Emanuel die
Speisekarte mit seinem Weih-
nachtsmenü vor:
Orangensuppe mit Topfennidei
***
Wan Tan vom Karpfen
und Karpfen gesurt mit
Selleriecreme im Dashi Sud,
Kartoffelröster gefüllt
mit Äpfel
***
Gratinierte Honig Crepes
K
lingt köstlich. Aber hat da
der Spitzenkoch vielleicht
etwas falsch verstanden?
20 Euro für alle vier Perso-
nen. Nicht für Jeden.
Weyringer:
„20 Euro für alle
vier Portionen. Das ist schon
klar und das geht sich auch
leicht aus. Den Karpfen gibt´s
beim Kapeller um etwa acht
Euro. Dann brauche ich noch
drei Orangen, 250 Gramm Top-
fen, 50 Gramm Parmesan, drei
Eier, Sellerie und Zwiebeln.
Auch Algen vom Asiaten brau-
chen wir, die kosten uns aber
auch nur einige Cent. Das wä-
ren schon die größten Ausga-
ben. Den Rest hat jede Hausfrau
(oder Hausmann) daheim.“
Das reicht für ein dreigängi-
ges Menü?
Weyringer:
„Natürlich müssen
wir haushalten und schauen,
dass alles verwendet wird. Den
Sellerie, zum Beispiel, brauche
ich in erster Linie für die Selle-
riecreme.Was dann noch bleibt,
nehme ich für die Sur, in die wir
gut die Hälfte des Karpfens 24
Stunden einlegen. Da kommen
dann auch die Zwiebelschalen
hinein. Wenn wir fertig sind,
bleibt praktisch nichts mehr
übrig, weil wir sogar einen Teil
der Orangenschalen zum Wür-
zen verwenden.“
Karpfen und Orangen, das
klingt ja sogar etwas weih-
nachtlich.
Weyringer:
„DasistjadasGran-
diose. Wir verkochen Karpfen
und Orangen, verwenden Zimt
und Palatschinken. Alles tradi-
tionelle Sachen. Aber halt an-
ders zubereitet. Außerdem ist
die Nachspeise ein klassisches
Weihnachtsessen aus Neusee-
land. Palatschinken mit einer
pikanten Mischung aus Topfen,
Honig und Zitronensaft. Klingt
spritzig, ist es auch. Wirklich
ein fetziger Abschluss.“
Und Wan Tan? Was ist das?
Weyringer:
„Das sind chine-
sische Teigtaschen. So wie et-
wa Tortellini. Die füllen wir mit
der anderen Hälfte des Karp-
fens, den wir zerkleinert, ge-
würzt und zu einer Farce verar-
beitet haben.“
Woher kommt beim Emanuel
Weyringer die Liebe zur asi-
atischen Küche?
Weyringer:
„Liebe zur asia-
tischen Küche? So würde ich
das jetzt gar nicht sagen. Ich
finde grundsätzlich jede Küche
spannend. Interessant wird es
aber dann, wenn man beginnt,
die Spezialitäten aller Herren
Länder auf einen gemeinsa-
men Nenner zu bringen. Wobei
für mich der gemeinsame Nen-
ner die Regionalität ist. Was
wächst auf den Wiesen vor der
Haustüre. Welche Tiere sind bei
uns heimisch und stehen in den
Ställen der Bauern. Welcher
Fisch kommt aus dem Waller-
see, direkt vor meiner Küchen-
türe. DiesesAngebot ist so viel-
fältig, dass uns keine kulinari-
schen Grenzen gesetzt sind.“
Sie erfinden aber auch immer
wieder Speisen. Eine Tannen-
zapfensuppe gibt es nur beim
Weyringer in Henndorf.
Weyringer:
„Richtig. Die ist
mir vor ein paar Jahren einge-
fallen. Ich habe mich daran er-
innert, dass ich als kleiner Bub
im Frühjahr immer mit mei-
nem Opa in den Wald gegan-
gen bin und wir haben die fri-
schen, hellgrünen Triebe an den
Tannen gegessen. Das war die
Grundidee für meine Tannen-
zapfensuppe, die ich imAdvent
öfter mache. Der Tannenbaum
im Suppenteller. Ja geht´s denn
überhaupt noch weihnachtli-
cher?“
Und was sollen wir zu Sil-
vester unseren Gästen ser-
vieren?
Weyringer:
„Wie wär´s mit ei-
nem Fondue? Ein Klassiker für
den Jahreswechsel. Aber halt
auch in japanischer Form als
Shabu shabu. Die Fleisch- und
Fischstücke werden dabei nicht
in heißem Öl versenkt, sondern
in eine asiatische Hühnersuppe
getaucht, die dann dazu auch
getrunken wird.“
***
H
aben Sie Gusto bekommen
und ist vielleicht sogar der
Ehrgeiz erwacht, das Menü
nachzukochen? Die genauen
Rezepte finden Sie im Internet
unter
www.flachgau.tvFür Silvester empfiehlt uns der Spitzenkoch
die japanische Fon-
due-Variante „Shabu shabu”.
„Mehr
als
20 Euro
haben wir nicht”
Wir baten den Spitzenkoch Emanuel Weyringer uns ein außergewöhnliches Weihnachtsmenü für
vier Personen zu kochen, beschränkten sein Budget dafür aber auf 20 Euro.
Bilder: Rule