Der Gardasee ist immer einen Abstecher wert
und begeistert mit seinem mediterranem Flair (links). Tramin liegt im Herzen der Südti-
roler Weinstraße und ist weltweit für seinen Rotwein bekannt.
Touristisch bis zum letzten Tropfen ausgeschlachtet ist der Kalterer See
(links). Dafür ist der Mendelpass von Bozen für jeden Motor-
radfahrer eine Herausforderung (Mitte) und wer ein schattiges Plätzchen zum Rasten sucht, der findet das in den Weingärten direkt ne-
ben der Südtiroler Weinstraße.
Ursprungsort der weltweit be-
kannten Gewürztraminer Rebe
und ist Heimat einiger der be-
deutendsten Südtiroler Wein-
güter und Brennereien.
Wer einen Ausflug durch die
Südtiroler Weinstraße plant,
der sollte sich Zeit nehmen und
vor allem so oft wie möglich
die Hauptstraße verlassen und
durch die kleinen Orte fahren.
Kopfsteinplaster und enge
Strasserl lassen uns das Tem-
po zurücknehmen. Und einen
Heinrich gibt es sicherlich auch
in jedem Ort. Man muss sich
von ihm nur finden lassen.
Das passiert garantiert nicht
am Kalterer See. Er ist das
pulsierende
Tourismusherz
in dieser Region. Und das im
schlimmsten Sinne des Wortes.
Kaum größer als der Graben-
see drängen sich die Restau-
rants und Gastgärten an seinen
Ufern. Der einzig öffentliche
Seezugang ist genau eine Stie-
ge breit und liegt zwischen zwei
Stegen mit Dutzenden Tretboo-
ten. Unendlich groß sind dafür
die Busparkplätze, mit einem
eigenen
Verkehrsleitsystem.
Da hilft nur die Flucht und die
braucht gar nicht so weit sein.
Weil der bereits nur wenige Ki-
lometer entfernte Ort Kaltern
strahlt schon wieder jene Ge-
mütlichkeit und Ruhe aus, in
die man sich in dieser Region
sofort verliebt.
Ehrlich gesagt: Auf die Süd-
tiroler Weinstraße sind wir eher
zufällig gestoßen. Wir waren
Mitte vergangenen Jahres auf
der Flucht vor dem grausigs-
ten Juni aller Zeiten und haben
uns die Dolomiten zum Ziel
gewählt. In Fai della Paganel-
lo haben wir Quartier bezogen
und waren fast alleine im gro-
ßen Hotel. „Zwischensaison
halt“, zuckte der Kellner jeden
Morgen die Schultern, wenn
wir so ziemlich die Einzigen
im Speisesaal waren.
Ganz anders geht es da am
Gardasee zu. Der hat praktisch
immer nur Hauptsaison und ist
von Fai della Paganello aus in
nur gut einer Stunde erreich-
bar. Aber quer durch die Berge
wohlgemerkt und nicht über
die Autobahn. Mediterranes
Flair und der mondäne Charme
der Kaiserzeit (der Gardasee
gehört bis 1918 zu Österreich-
Ungarn) ergeben hier nach wie
vor diese liebliche Mischung,
die jeden Besucher zu jeder
Jahreszeit verzaubert. Und wer
mit dem Motorrad kommt, den
stört es auch nicht, dass die
Hauptstraße durch Riva prak-
tisch nie passierbar ist und
das hektische itali-
enische Verkehrs-
verhalten den Stau
auch nicht besser
macht. Motorradfah-
rer wissen wohin sie
müssen. Im zweiten
Kreisverkehr
die
letzte Ausfahrt ganz
rechts. Da gibt es
dann genug Platz für
die Zweiräder und
ins Zentrum sind es
nur ein paar Schritte,
die sich auch mit den
schwersten Stiefeln
problemlos gehen
lassen.
Dann ein Cappuccino und
ein Croissant an einem der
vielen Cafés und der Blick hi-
naus auf den See. Fehlt uns zur
kompletten Glückseeligkeit ei-
gentlich nur mehr der Heinrich.
Mit seinem Latz vorm Bauch
und seiner ehrlichen Freude
über den von ihm gekelterten
Wein, von dem wir jetzt so
gerne noch ein Schluckerl ge-
kostet hätten...
Rupert Lenzenweger