Zuckerlrose Porsches als „Hochzeitstorten”
Man kann jetzt nicht sagen, dass Gerald Herrmann ein Bäcker wäre. Trotzdem erzählt er in lockerem Plauderton, dass seine künstlerische Arbeit derzeit etwas zweigeteilt ist. Auf der einen Seite bäckt er täglich Semmeln. Auf der anderen Seite stehen da ein paar Hochzeitstorten herum, an denen er auch immer wieder den Pinsel anlegt. Und genau diese Hochzeitstorten sind es, die ihm das Leben als freischaffender Künstler seit mehr als 30 Jahren möglich machen.
Natürlich haben die verschiedenen Backwerke tatsächlich nichts mit Geris Arbeit zu tun, sondern müssen lediglich als Vergleich herhalten. Hochzeitstorten, das sind die Aufträge, die Geri auf Kundenwunsch erledigt. Zum Beispiel seit vielen Jahren für das Formel 1 Team Alpha Tauri oder jetzt für Walter Lechner Racing in Thalgau. Das Lechner Racing-Team ist im Porsche-Cup höchst erfolgreich und gewann heuer zum fünften Mal hintereinander diese Meisterschaft, die als Rahmenprogramm zur Formel 1 stattfindet. Diese Triumphserie soll Geri Herrmann jetzt in Bildern festhalten. Und so flitzen derzeit die zuckerlrosa Porsches des Lechner-Teams großformatig durch das Atelier in Neumarkt.
Gleich daneben liegen einige „Semmerl“. Kaum kleiner als die Lechner Bilder, aber halt mit ganz anderen Themen und vor allem: dafür gibt es keine Auftraggeber. Es sind Bilder, die zuerst nur im Kopf des Künstlers sind und dann Schritt für Schritt auf der Leinwand Gestalt annehmen. Und so sind es derzeit drei Serien, zu denen schier gleichzeitig die Bilder entstehen. Da sind zunächst die Comic-Helden, die seit vielen Jahren bei Geri Herrmann immer wieder eine Rolle spielen. Von Mickey Maus bis Superman, von Goofy bis zur Hexe Gundel Gaukeley, die auf ihrem Besen durch die Gegend schwebt.
Was haben Jimmy Hendrix, Mozart, Marilyn Monroe, die Tomatensuppen-Dose von Andy Warhall oder Tick, Trick und Track gemeinsam? „Sie alle sind im Laufe der Jahrzehnte zu Ikonen geworden, die fast jeder Mensch kennt“, sagt Geri Herrmann und widmet diesen Ikonen eine eigene Bilderserie, bei der alle Grenzen und Genres aufgehoben werden.
Um bei Jimmy Hendrix zu bleiben: Der wahrscheinlich beste Gitarrist aller Zeiten spielt auch bei der dritten aktuellen Bilderserie eine Rolle. „Mug Shot“ (Polizeifoto) nennt Geri diesen Zyklus, zu dem letztendlich zwölf Bilder gehören auf denen Pop- und Rockgrößen zu sehen sein werden, die einmal im Gefängnis saßen. Die „Zellenbelegung“ reicht von Davie Bowie über Jennis Joplin bis eben zu Jimmy Hendrix. Geri Hermann hat sich die Sträflingsbilder, die nach den Festnahmen dieser Musiker gemacht wurden, besorgt. Sie sind jetzt sozusagen die Basis für farbenprächtige Collagen, die im Laufe der Zeit nach einem ganz besonderen Prinzip entstehen. „Immer wenn mir irgendwo ein Restl einer Farbe bleibt, wird es bei einem dieser Bilder aufgebraucht“, plaudert Geri Hermann aus der Praxis.
Ach ja, und zu guter Letzt: Nach wie vor spielt auch der Computer in Geris Kunstbetrieb eine große Rolle. Täglich spätestens um fünf Uhr sitzt der Frühaufsteher ein paar Stunden vor dem „Kastl“ und lässt dabei völlig surrealistische Fotos entstehen: Moutainbiker die mit ihren modernen Rädern über eine Bauernfamilie aus vergangenen Jahrhunderten springen oder eine wohlgeformte Schönheit, die uns nackt den Blick auf den Wallersee im Jahr 1900 versperrt.
Rupert Lenzenweger