Von der Drachenwand bis zum „Roten Mond“
Also zu wenig Optimismus kann man diesem Herrn jetzt nicht vorwerfen. Im Gegenteil. Während praktisch alle Veranstalter angesichts der derzeitigen Situation so gut wie nichts planen, hat Bernhard Iglhauser sein heuriges Programm schon fertig. Vielseitig wie eh und je und mit den Zusagen des russischen Botschafters und der österreichischen Klimaschutz-Bundesministerin zur Eröffnung von „Poma Miranda“ am 10. September. Bis es aber so weit ist, gratulieren wir noch zum 70. Geburtstag, den Bernhard Iglhauser am 12. März feiert.
Wie erging es Ihnen im Corona-Jahr 2020 und wie feiern Sie den runden Geburtstag?
Iglhauser: Am 12. März 2020 wollte ich an meinem 69. Geburtstag das neue Festival „Willitsch Saund“ mit einem Gratiskonzert der amerikanischen Gruppe „US Rails“ für die Bevölkerung aus der Taufe heben. Vier Tage vorher kam von Regierung das Veranstaltungsverbot.
Man kann es kaum glauben, dass ich seit dieser Zeit ein Jahr lang keinen Kontakt zu anderen Personen außer meiner Familie hatte.
Die Gefahr einer Ansteckung bei meinem Gesundheitszustand als Risikopatient wäre zu groß gewesen.
Aber ich hatte keine Langeweile, sondern beschäftigte mich mit vielen Projekten.
U. a. forcierte ich meine Recherchen über eine Thalgauerin, die eine Außenstelle des KZs Dachau überlebte.
Beklemmend waren die Spuren eines Thalgauers, der Aufseher in einem KZ und hier im Ort ein liebenswerter Nachbar war.
Zeitintensiv erwiesen sich auch die Nachforschungen über einen Veterinärmediziner aus Thalgau, der wesentlich um 1817 als Professor für Tierseuchenlehre und Anatomie am Aufbau der Wiener und Grazer Universität beteiligt war.
Das Hauptaugenmerk lag jedoch auf der Fertigstellung des zweiten Thalgauer Sagenbuches, das im Juli bei einem konzertanten Geburtstagsfest präsentiert werden soll.
Nächste Woche gibt es nur eine Familienfeier, wobei ich mich besonders auf die „Überraschungen“ meiner 6 Enkelkinder freue. Ansonsten erinnern verschiedene Veranstaltungen an meinen Geburtstag.
Sie haben seit 1989 rund 25 Buchpublikationen verfasst. Können Sie schon nähere Informationen über das neue Sagenbuch geben?
Iglhauser: Im jubelnden Tanz der etablierten Touristik verbleiben Unterschiede, Abstufungen und Hintergründe der Landschaft auf der Strecke.
Und es hat sich auch jener Traum- und Illusionsbereich aufgelöst, wo das „Gesichtige“ seinen Platz, also nach altem Redwerk die Kobolde, Saligen und anderes Geistervolk seinen Aufenthalt und Schlupfraum hatte. Diese nachtseitige Sagenlandschaft mit Teufelslöchern und Drachenwänden war stets eine mythische Besonderheit des herrlichen Voralpengebietes um das kleine Dörfchen Thalgau.
Statt Hufe findet man heute Autoreifen, statt Hausnamen gibt es Nummern, statt Flurbezeichnungen mit geschichtlichen Begebenheiten nur Zahlen im Grundbuch.
Was werden diese Dinge einmal erzählen können, wenn die Zeit spurlos an ihnen vorübergeht oder sie auslöscht? Finstere Waldwinkel, eine alte Kapellenmauer, ein verschütteter Brunnen – ist es nicht allerhöchste Zeit, von der Satellitenschüssel wieder auf die verlassene Bühne der Erinnerungen zu springen?
150 Jahre nach Beginn der Aufzeichnungen heimischer Sagen 1871 durch Leonard Müller lassen in vielen Winkeln Autobahnbauten und hässliche Lagerhallen niemanden mehr an sagenhafte Goldschätze oder trollige Moosweibchen denken.
Kein anderes Erlebnis aber bringt eine so wunderbare und tiefe Stimmung mit sich wie die alten Geschichten um geheimnisvolle Gestalten und Ereignisse der Heimat, in die man einst mit Herzklopfen und unbeschreiblichen Glücksgefühlen hineingehorcht hat.
Das menschliche Vorstellungsvermögen wurde längst auf andere, zeitgemäße Wege geleitet, fern einer schönen, visionären Sagen- und Märchenwelt. Die Überlieferungen müssen daher, wenn sie auch in Zukunft lebendig bleiben wollen, immer neu erzählt und immer wieder neu in die Landschaft eingebettet werden.
Gleich am Beginn der faszinierenden Spurensuche 1990 war mir klar, dass ich dieses vergessene Reich wieder in unsere Wirklichkeit bringen musste. So entstand 1994 das erste Buch „Goldbrünnlein und Wettervogel“, seit vielen Jahren vergriffen.
Drei Jahrzehnte stöberte ich in alten Schriften und Volksbüchern, um den Kreis der gesammelten Begebenheiten nach 150 Jahren mit dem zweiten Band „Goldbrünnlein und Drachenwand“ als Vermächtnis für meine Heimatgemeinde Thalgau 2021 zu vollenden.
Die dazugehörige Wanderung kann mit den angeführten örtlichen und landschaftlichen Sehenswürdigkeiten in Verbindung gebracht werden.
Obwohl bereits 80 Jahre, bewirken diese märchenhaften Sagen mit den zauberhaften Illustrationen der Künstlerin Heilgard Bertel, die Bilder einer vergessenen Sehnsucht zu wecken und sie auf den Wanderungen in dieser einzigartigen Berg-, Seen- und Hügellandschaft, um Thalgau in den Köpfen wieder entstehen zu lassen.
Die Präsentation erfolgt am 10. Juli 2021 mit einem Konzert der Schweizer Formation „Wintershome“, deren Lieder sich um Natur und Umwelt drehen.Dabei werden viele runde Anlässe gefeiert: Meine Illustratorin Heilgard Bertel wird 80, ich als Autor 70, der Präsentator LR Dr. Heinrich Schellhorn 60 und Bürgermeister Johann Grubinger 50.
Jahrelang prägte die „Goldbrünnlein-Nacht“ das Musikgeschehen von Thalgau und Salzburg. Sie haben aber dieses Projekt 2019 beendet. Es wird mit „Willitsch Saund“ ein neues Festival gegründet. Worauf kann sich der Musikliebhaber freuen?
Iglhauser: 2018 fand dieses Erfolgsprojekt mit dem Auftritt der Woodstock-Legende „Matthews Southern Comfort“ ein viel umjubeltes Ende.
Am 6. Mai 1945 marschierten die ersten amerikanischen Soldaten in Thalgau ein. Zu dieser Zeit erfuhr die Bevölkerung, dass das kleine Dorf ein „Village“ („Willitsch“) war.
Im Gasthaus „Moser“ spielten einige Amis unter der Leitung des Sergeanten Tim Andrews Musik und erklärten den staunenden Menschen, dass dies ein „Sound“ („Saund“) sei.
2020 sollte das neue Festival „Willitsch Saund“ die Tradition des „Goldbrünnleins“ fortführen.
Erstmalig war es gelungen, neben den Mitveranstaltern TVB und Marktgemeinde Thalgau auch in dankenswerter Weise einen Pool von 25 Firmensponsoren zu begeistern, dieses Festival zukünftig für die örtliche Kultur und Gäste aus dem In- und Ausland finanziell mitzutragen.
Dadurch ist es auch möglich, sehr moderate Eintrittspreise bieten zu können.
Am 26. Juni 2021 wird zum Eröffnungs-Konzert die fantastische „Toby Beard & Band“ eingeladen.
Ein Festivalbeginn, der alle Herzen höher schlagen lässt!
Mit besonderer Freude kündige ich den spektakulären Auftritt der Schweizer Band „Wintershome“ am 10 Juli 2021 an.
Auf der Freilichtbühne Thalgau werden sich dabei die Traurigkeit, Gewalt, Schönheit und Hoffnung der pulsierenden, freien Natur miteinander vereinen.
Es scheint, als hätte die Schweizer Skilegende Pirmin Zurbriggen neben seinem sportlichen Talent auch ein musikalisches Gen vererbt?
Jedenfalls starteten 2013 drei seiner Kinder, eine Nichte, ein Neffe und eine Freundin der Familie unter dem Namen „Wintershome“ eine märchenhafte Karriere.
In die oberste Konzertliga steigt „Willitsch Saund“ mit dem Auftritt der australischen Band „Sons of the East“ am 7. August 2021 auf.
Da wird auch eine CD „The Best Of “ mit den spektakulärsten Auftritten der Goldbrünnlein-Jahre vorgestellt. Diese produziert Sony Thalgau zum 30jährigen Standort-Jubiläum und ist ein weiteres Geburtstagsgeschenk für mich.
Vor ihrer geplanten Welttournee 2021 liest man „…Was wir an dieser Band mögen, ist ihr australischer Touch und ihre zeitgemäße Interpretation des traditionelleren Folk-Musikstils. Aber was diese Band letztendlich wirklich zum Leuchten bringt, ist ihre Bühnenpräsenz.“
Gemeinsam mit Bernhard Grubinger, Mastermind von „Grenz/Wertig“, wurde das dritte „mostMUSIKfest“ am 11. September 2021 organisiert.
Neben den „Special Guest“ „De Strawanza“ steht auch die erstmalige Konzert-Präsentation der neuen CD „vis-à-vis“ von der Formation „Grenz/Wertig“ im Mittelpunkt.
Im trauten Ambiente der „Hundsmarktmühle“ stellt sich am 18. September 2021 die kanadische Folklegende „Madison Violet“ vor. Der gemeinsame Glaube der Band besteht darin, dass es der beste Weg ist, sich mit dem Publikum zu verbinden und es wie alte Freunde zu behandeln, die ein Geheimnis und ein Lächeln teilen.
Als Support tritt die Thalgauer Formation „Two Of Us“ auf.
Bei „Hannah & Falco“ am 30. Oktober 2021 gibt es zarte und gefühlvolle Texte, die sich um herzzerreißende Themen wie desillusionierte Liebe, Trauer und jugendliche Unsicherheit drehen.
Das Ergebnis ist einfach pure Magie: Intime Folk-Balladen, die einem das Herz schmelzen lassen.
Bevor die stille Zeit naht, beendet die amerikanische Gruppe „US Rails“ mit ihrer „Catch-up“ Tour am 5. November 2021 als wahres musikalisches Feuerwerk das Festival „Willitsch Saund“ 2021.
Das gesamte Festivalprogramm mit 8 Konzerten ist auf der Homepage www.willitschsaundfestival.at abrufbar.
Es wird heute viel vom Verlust der Artenvielfalt in der Natur gesprochen und geschrieben. Sie waren mit ihren Kampagnen zur Rettung von Obstsorten vor 20 Jahren ein Pionier des Naturschutzes. Kann man annehmen, dass Sie noch einmal Ihre Stimme für die Salzburger Natur erheben?
Iglhauser: 1986 war die Gemeinde Thalgau mit der Kampagne „Lebensräume-Kinderträume-Obstbäume“ die landesweite Speerspitze einer Rückbesinnung auf die einst so stolzen Heimatbäume.
Bis 2004 gelang es Ing. Hellmuth Dreiseitl (†2007) und mir mit aufsehenerregenden Slogans sowie großen Sortenausstellungen die Menschen für ein neues Bewusstsein zu begeistern.
In den vorigen zwei Jahrzehnten sind still, leise und von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, erneut viele Sortenbäume aus dem Salzburger Landschaftsbild verschwunden.
In Salzburg verschwinden täglich 0,6 Ha Bodenfläche unter Beton und Asphalt.
Es wird uns eingeredet, es sei alles gut. Dabei haben wir unsere Landschaft ausgeräumt bis zum geht nicht mehr.
Mit der neuerlichen Initiative „Morgenrot – Gemeinsam gegen den Salzburger Obstbaumtod“ wird die Marktgemeinde Thalgau 2021 wieder zum Bannerträger für die vermehrt vom Aussterben bedrohte Sorten- und Tiervielfalt!
Zum Anlass meines 70. Geburtstages organisieren pomologische Weggefährten in Zusammenarbeit mit dem Bildungsausschuss und der Thalgauer Landjugend die „Poma Miranda“ vom 10. Bis 12. September 2021.
Dabei soll der Rekord von über 1.500 Fruchtexponaten der bisher größten Obstausstellung aus der Jahre 1912 in Linz übertroffen werden.
Im Mittelpunkt steht auch die Kampagne „Pflanzt den „Roten Mond“ als Apfelsorte, verzaubert und verschönert Salzburgs Orte!“
Zu unserer großen Freude wird diese Initiative von Seiner Exzellenz dem russischen Botschafter Dmitrij Ljubinskij vorgestellt.
1915 durch eine Zufallszüchtung des russischen Forschers und Pomologen Iwan Mitschurin in Sibirien entstanden, besticht der geheimnisvolle Apfel durch die herrliche Farbe Rot in Blüte, Fruchtfleisch, Saft und Schale.
Eine weitere Auszeichnung für diese Thalgauer Bemühungen ist der Umstand, dass Bundesministerin Leonore Gewessler die „Poma Miranda“ eröffnet.
Ein umfangreiches Rahmenprogramm wird mit dem „Thalgauer Bauernmarkt“ und dem „mostMUSIKfest“ geboten.
Hier geht´s zu detaillierten Festivalprogramm>>>
Das Sagenbuch wird am 10. Juli präsentiert.