Seit 30 Jahren wird im Bierkeller gelacht

30 Jahre Bierkabarett in Obertrum hat einen Namen: Raoul Grabner. Seit drei Jahrzehnten ist er der unermüdlicher Motor hinter dieser Flachgauer Kulturinstitution.

Ich frage jetzt einmal ganz naiv: Wie hat das alles begonnen? Weil Sie seit jeher ein Kabarett-Fan waren?

Grabner: Nein, ganz und gar nicht. Vor mehr als 30 Jahren hat mich kein Kabarett interessiert. Eher Jazz oder Vernissagen. Und dann bin ich einmal durch Obertrum spaziert und die Tür zum Bierkeller der Brauerei stand offen. Vollgeräumt mit Gerümpel von vielen Umbauten. Trotzdem habe ich sofort gespürt, dass das ein idealer Veranstaltungsraum wäre. Ich habe dann mit dem Brauereibesitzer gesprochen und der hat gesagt, dass ich ihm einmal ein Konzept vorlegen soll. Also habe ich begonnen, mir alle möglichen Veranstaltungen anzusehen. Und so bin ich dann schließlich beim Kabarett gelandet. Der Brauereibesitzer hat grünes Licht gegeben mit den Worten: „Probieren sie es halt, weil es wird eh nicht daraus werden.“

Kabarett am Land war damals ein großes Wagnis?

Grabner: Ja und nein. Im Grund hat ja nicht viel passieren können. Also habe ich Peter Blaikner eingeladen. Er war der Erste der auf der Bühne des Bierkabaretts stand und ist auch jetzt am 27. Jänner wieder zu Gast. Einen seiner ersten Auftritte hatte auch Güter Grünwald bei uns. Damals noch vor recht schütterem Publikum. Aber wie der durchgestartet ist, brauche ich eh nicht zu sagen. Dass er am 30. Mai wieder bei uns ist, freut mich ganz besonders. Ich habe ihm von unserem 30-Jahre-Jubiläum erzählt und da hat er zugesagt und konnte sich sogar noch auf seine Auftritte im Obertrumer Bierkabarett erinnern.

30 Jahre Bierkabarett und 300 Vorstellungen. Da läuft nicht alles nach Plan. Welche lustigen Vorkommnisse fallen Ihnen da spantan ein?

Grabner: Da fällt mir auf Anhieb ein Auftritt der Brennesseln ein. Das war noch im alten Keller und in einer Szene wurde ein Schuss aus einem Revolver abgefeuert. Aber die Brennesseln haben die Platzpatrone mit einer Tränengaspatrone verwechselt. Als die Zuschauer ganz vorne aufgestanden und gegangen sind, habe ich mich zunächst gar nicht ausgekannt. Erst als ich in der Pause von der Verwechselung erfahren habe, war mir diese plötzliche Flucht klar.

Gut kann ich mich auch noch auf den Auftritt eines Transvestiten erinnern. Der war so toll als Frau hergerichtet, dass sie (ihn) ein Zuschauer nach der Show unbedingt kennenlernen wollte. Als er vergeblich nach der Frau gesucht hat, haben wir ihm gesagt, dass die schon in ihr Zimmer gegangen ist, weil sie sich nicht gut gefühlt hat. Ich glaube, der Verehrer hat nie erfahren, dass die Frau auf der Bühne eigentlich ein Mann war.

Da fällt mir auch noch ein, dass einmal während einer Vorstellung das Mischpult abgebrannt ist. Natürlich war schlagartig der ganze Strom weg. Aber der Kabarettist hatte zufällig sein eigenes Mischpult im Auto. Wir bauten schnell um und nach einer Viertel Stunde ging es weiter mit dem Programm.

Es wird aber nicht nur lustige Situationen gegeben haben. Wie oft haben Sie sich geärgert in den vergangenen Jahren?

Grabner: Natürlich läuft nicht immer alles glatt. Aber richtig geärgert? Habe ich mich eigentlich kaum. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass die Kabarettisten allesamt recht kumpelhafte Typen sind mit Handschlagqualität. Einmal etwas ausgemacht, dann passt das. Schriftliche Verträge sind da nur Formsache. Ich hatte in all den Jahren nur drei oder vier Absagen. Und die auch nur gesundheitsbedingt. So wie im vergangenen Jahr die Hollerstauden. Die wurden wenige Tage vor ihrem Auftritt in Obertrum positiv auf Corona getestet. Dieses Konzert wird jetzt aber am 25. Juli nachgeholt.

Wie schwer ist es, so ein Jahresprogramm auf die Beine zu stellen und wann beginnen Sie damit?

Grabner: Ich habe nach 30 Jahren mehrere Vorteile: Mich kennen alle, die allermeisten Kabarettisten spielen gerne in Obertrum und sie kennen das Bierkabarett genau. Ich brauche deshalb nicht viel erklären und auch Verhandlungen über die Gagen gibt es kaum. Also geht es in erster Linie darum, einen Termin zu finden. Die Vorlaufzeit ist jetzt gar nicht so lange. Meist fange ich Mitte des Jahres an, mir über die nächste Saison Gedanken zu machen.

Apropos Gage. Ist das Bierkabarett ein Geschäft?

Grabner: Nein. Das Bierkabarett läuft so, wie alle Kultureinrichtungen. Wir schauen, dass wir über die Runden kommen. Aber ohne Sponsoren wäre auch das nicht möglich. Und auf meine Sponsoren kann ich mich wirklich verlassen. Zum Teil sind sie sogar von Anfang an mit dabei. Das ist schon ein starkes Rückgrat, weil natürlich gibt es immer wieder Veranstaltungen, die hinter den Erwartungen bleiben und weniger Publikum anziehen als gehofft.

Viele Kabarettisten sind längst so etwas wie Stammgäste und kommen immer wieder. Roland Düringer, zum Beispiel, aber auch das Kultkabarett Blaikner, Messner und Baumann. Auch Django Asül ist regelmäßig bei uns zu Gast oder Joesi Prokopetz. Zu dem habe ich fast schon so etwas wie eine freundschaftliche Beziehung, weil der auch privat ein ganz netter Kerl ist.

Wenn wir jetzt in die Zukunft schauen: Wir es in 30 Jahren das Bierkabarett noch geben?

Grabner: Was für eine Frage? Die kann ich beim besten Willen nicht beantworten. Nur so viel: Ich möchte das Bierkabarett schon noch einige Zeit führen. Vielleicht findet sich jemand, der die Nachfolge antritt. Ich würde ihm natürlich beim Übergang helfen, er bräuchte aber keine Angst zu haben, dass ich ewig „mitgschafteln“ würde. Weil wenn ich einmal etwas abschließe, dann ist es auch wirklich vorbei. Aber wie gesagt, daran denke ich momentan beim Bierkabarett noch nicht und hoffe jetzt vor allem, dass wir heuer wieder eine halbwegs normale Saison spielen können.

Interview: Rupert Lenzenweger

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