Maike und ihr Engerl mit dem Sprung
Maike Pichler (Bild) lässt sich bei ihrer Arbeit gerne über die Schulter schauen. Wenn sie bei einem Kunsthandwerksmarkt ein Stück Ton bearbeitet und daraus ein kleines Kunstwerk entstehen lässt, finden sich schnell Schaulustige mit unzähligen Fragen. Die beantwortet Maike gerne.
Auch am Töpfermarkt in Mondsee hat Maike ihren Stand aufgebaut. Gemeinsam mit rund zwei Dutzend anderer Töpfern bietet sie ihre Kunstwerke zum Kauf an. Es sind in erster Linie Reliefs, die Maike macht. Mit Motiven aller Art. Vom nackten Pärchen am FKK-Strand über exotische Tiere im Dschungel bis hin zum Fischer, der sich gerade über den Fang seinen Lebens freut. Woher stammen die Motive? „Die fallen mir einfach so ein. Im Alltag, beim Blättern in Zeitungen oder bei Spaziergängen“, erzählt mir Maike und kratzt weiter auf einer Tonplatte. Was das werden soll, will ich wissen. Maike lässt mich raten und ich treffen ins Schwarze: eine asiatische Landschaft.
Dann zeigt mir Maike einen bunten Engel. Der hat aber leider einen Schönheitsfehler. Ein Sprung reicht vom Rand weg bis fast in die Mitte des Tellers. „Das ist beim Abkühlen passiert und kommt leider hin und wieder vor“, klärt mich Maike auf. Weil Ton, das ist halt ein natürliches Material mit vielen Eigenheiten und gerade das macht für die Keramiker und Tonkünstler den ganz besonderen Reiz aus.
Ob Maike mit ihrem Engel am Töpfer-Wettbewerb beim Keramikmarkt mitgemacht hätte, wenn er heil geblieben wäre, kann ich jetzt nicht sagen. Ich weiß nur, dass dieser Wettbewerb alljährlich bei den Besuchern recht beliebt ist und viele ihre Stimme abgeben. Zur Auswahl standen diesmal Keramiken zum Thema „Engel“. Ich habe mich für die Nummer sieben entschieden. Zwei pausbackige Engerl auf einer blauen Wolke mit dem Blick nach unten auf die Erde. Meine Frau fand die Engerl kitschig. Mich haben sie stark an den „Münchner im Himmel“ erinnert und diese Geschichte mag ich besonders gerne.
Rupert Lenzenweger
Die Bezeichnung Keramik stammt aus dem Altgriechischen. „Keramos“ war die Bezeichnung für Ton und die aus ihm durch Brennen hergestellten formbeständigen Erzeugnisse. Die weltweit ältesten Überreste von Tongefäßen stammen aus Südchina und sind rund 16.000 vor Christus entstanden. Ähnlich alte Tongefäße gibt es auch aus Japan. Die ältesten in Europa gefundenen Keramiken stammen aus Ostrussland und sind im siebten Jahrtausend vor Christus entstanden. Ähnlich alte Tongefäße gibt es aus dem Sudan, aus Maili und vor allem aus dem Nildelta.
Ihre Verbreitung in den Kulturen der Jungsteinzeit verdanken Keramikgefäße den verbesserten Möglichkeiten zum Kochen und zur Vorratshaltung, die sich bei gleichzeitiger Sesshaftwerdung durchsetzte. Vorher war Keramik zu schwer und wegen seiner Zerbrechlichkeit als Transportbehälter ungeeignet.
Obwohl die Tongefäße zunächst in erster Linie für die Aufbewahrung und Zubereitung von Lebensmittel gemacht wurden, fanden sich bald auch „Künstler“, die aus Ton Schmuck formten. Dabei hat sich im Grund seit Jahrtausenden die Herstellungsweise nicht geändert.
Nach der Formgebung ist der Rohling feucht. Eingeschlossenes Wasser in den Hohlräumen und muss getrocknet werden. Wie schnell das geht, hängt neben den äußeren Bedingungen auch von der Rezeptur der Rohmasse ab. Nach der Trocknung lässt sich der „Scherben“ nicht mehr verformen, besitzt aber noch soviel Feuchtigkeit, dass man ihn beispielsweise durch Bemalen dekorieren kann. Ist der Scherben dann so trocken, dass bei einem Test die Zunge daran kleben bleibt, ist es Zeit zum Brennen.
Wichtig dabei ist, das langsame Hochheizen des Ofens. Ab 1.000 Grad zersetzen sich die tonigen Anteile und es bilden sich neue Kristalle. Der Ofen wird dann bis mindestens 1.400 Grad erhitzt, ehe die heikle Phase der Abkühlung beginnt. Diese sollte möglichst lange dauern, um Sprünge und Risse zu vermeiden.