Leidenschaft bis in die Zehenspitzen
Die Mondseer Gegend ist bekannt dafür, die Heimat verschiedenster Künstlerinnen und Künstler zu sein. Die gebürtige Mondseerin Monika Schweighofer, erfolgreiche Musicaldarstellerin, ist eine von ihnen.
Wie bist du auf diesen ungewöhnlichen Beruf gekommen?
Schweighofer: Bereits als Kind war ich an Gesang, Tanz und Schauspiel interessiert. Ich war in verschiedenen Kinderchören, wie zum Beispiel im Salzburger Festspiel- und Theaterkinderchor. Mit vier Jahren hatte ich meine ersten Ballettstunden. Mit sechs Jahren hängte ich meine Ballerinaschuhe vorübergehend aber an den Nagel. Freundinnen in Wien war und wir das Musical „Elisabeth“ ansahen, war für mich klar: Im Musical wird getanzt und gesungen – das will ich auch!
Wie wird man Musicaldarstellerin?
Schweighofer: In Salzburg war das damals nicht so einfach. Ich nahm verschiedene Unterrichtsstunden in Ballett, Jazz, Steppen, Modern Dance um möglichst vielseitig tanzen zu können. Auch Gesangsunterricht nahm ich regelmäßig. Ich habe schnell festgestellt, dass der klassische Gesangsunterricht allein nicht ausreichend ist. Um die unterschiedlichen Klangfarben zu erlernen und zu entwickeln, sind Einzelstunden im Musicalbereich von imensen Vorteil. Daher bin ich zwei Mal im Monat nach Wien gefahren, um dort von Annemieke van Dam, einer bekannten Musicaldarstellerin, Einzelstunden in Gesang zu bekommen.
Hattest du in dieser Zeit auch schon Auftritte?
Schweighofer: Mit 17 Jahren spielte ich im ersten professionellen Engagement mit. Es war das Stück „Kick it like Beckham“ am Salzburger Landestheater.
Das klingt nach einer intensiven Kindheit. Wie haben deine Eltern auf deinen ungewöhnlichen Berufswunsch reagiert?
Schweighofer: Ja, ich habe sehr viel Zeit in meine Ausbildung investiert. Mir war es als Kind auch wichtig, meine Unterrichtsstunden selber zu bezahlen. Also ging ich zusätzlich zu den Tanz- und Gesangsstunden noch Babysitten und Kellnern. Auf diese Weise konnte ich eine sehr große Wertschätzung meinem Unterricht gegenüber entwickeln. Meiner Familie wurde klar, wie wichtig mir das Singen und Tanzen ist, als ich mit elf Jahren im ganzen Umkreis selbstständig Probetrainings in verschiedenen Ballettschulen vereinbart habe und diese auch wahrnahm. Seither stehen meine Eltern immer hinter mir und unterstützen mich. Wichtig war ihnen aber, dass ich eine berufsbildende Schule besucht habe. Meine Wahl fiel auf die Kindergartenschule in Salzburg.
Was hast du nach der Kindergartenschule gemacht?
Schweighofer: Nach dem Schulabschluss war ich in Wien im Performing Center Austria. Dort absolvierte ich ein sogenanntes „Außerordentliches Jahr“. Nach diesem Jahr wurde mir von der Stage School in Hamburg ein Vollstipendium angeboten, welches ich natürlich angenommen habe. Mit diesem Stipendium hat sich ein ganz großer Traum erfüllt. Noch dazu in Hamburg: ich liebe diese Stadt!
Wie war deine Zeit an der Stage School in Hamburg?
Schweighofer: Die Ausbildung an der Stage School dauert drei Jahre. In diesen Ausbildungsjahren wird den Schülern auch ermöglicht, Praxiserfahrungen zu sammeln. Es werden verschiedene Stücke von den Schülern von Anfang bis Ende gestaltet – inklusive Cast, Regie, Tanzschritte und so weiter. Ich hatte das Glück, bei drei solchen Shows mitwirken zu können. Alle Proben und Auftritte erfolgen neben der normalen Schule, also dementsprechend intensiv und anstrengend waren diese Zeiten auch.
Nach deinem Abschluss der Stage School wurdest du zu einem Casting Termin für das Stück „Romeo und Julia – Liebe ist Alles“ in Berlin eingeladen. Wie läuft so etwas ab?
Schweighofer: Zuerst musste ich ein Video einschicken, auf dem ich die berühmte Balkonszene der „Julia“ gespielt und gesungen habe. Danach kam ich in die nächste Runde und wurde zur Live Audition in Berlin zum Vorsingen und Vorsprechen eingeladen. Anschließend wollten sie nochmal ein Tanzvideo von mir. Und dann wurde mir die Cover-Rolle der Julia und eine Swing Position angeboten. Die Zusage kam mitten in der Nacht. Ich weiß noch, dass ich sehr aufgeregt war und es nicht abwarten konnte, am nächsten Morgen endlich meiner Familie und den engsten Freunden davon erzählen zu können!
Was genau versteht man unter einer „Cover-Rolle“?
Schweighofer: Jede Hauptrolle hat eine Erstbesetzung und mindestens eine Cover Besetzung. Bei „Romeo und Julia“ hatten wir zwei Cover-Besetzungen, also insgesamt drei Julias. Das Stück hatte acht Shows pro Woche, es wurde 250 mal aufgeführt, 78 mal davon spielte ich die „Julia“. Weitere 72 mal stand ich mit einer Swing Rolle auf der Bühne.
Swing Rolle? Was ist das?
Schweighofer: Ein Swing ist meiner Meinung nach die anspruchsvollste Position im ganzen Theater. Ein Swing muss Gesang und Choreographie von allen Positionen im Ensemble können und wird je nach Bedarf eingesetzt – wenn jemand krank wird, Urlaub hat, sich verletzt hat,… Auch die Stimme muss sich je nach Rolle verändern können. Besonders herausfordernd ist, dass es oft nicht möglich ist, alle verschiedenen Rollen mit dem ganzen Ensemble zu proben. Da passiert es schon mal, dass man auf die Bühne geht und die Rolle zum ersten Mal vor Publikum spielt.
Das klingt anstrengend.
Schweighofer: Ja, aber ich konnte mich mit der Swing Rolle sehr gut weiter entwickeln. Es ist sehr herausfordernd, wenn man so flexibel einsetzbar ist.
Stellt sich bei so vielen Auftritten und Rollen eine gewisse Routine ein?
Schweighofer: In der Rolle der „Julia“ kam tatsächlich nach der ungefähr dritten Aufführung eine Routine auf. Mit der Swing Besetzung war es viel abwechslungsreicher und herausfordernder.
Hast du vor deinen Auftritten Lampenfieber?
Schweighofer: Ich würde es eher als freudige Aufregung bezeichnen. Wirklich Lampenfieber habe ich nur bei Premieren oder wenn besonders wichtige Leute im Publikum sitzen wie zum Beispiel meine Familie oder Freunde.
Bekommt man als Darstellerin vom Publikum etwas mit?
Schweighofer: Wir bekommen alles vom Publikum mit! Die Akustik ist in den Theatern so gut, dass wir sogar Gespräche von ganz hinten hören können. Das lenkt natürlich ab. Auch wenn wir gefilmt oder fotografiert werden, kann das für uns störend sein. Aber man bekommt natürlich auch mit, wenn das Publikum etwas lustig findet. Es ist ein tolles Gefühl, wenn man bemerkt, dass sich das Publikum auf das Stück einlässt und mit uns Schauspielern mitfühlt.
Ist dir schon einmal ein lustiges Bühnen-Hoppala passiert?
Schweighofer: Dass jemand von der Besetzung einen hänger hat oder ein paar Wörter verwechselt, kommt häufig vor. Meist wird es allerdings so gut kaschiert, dass das Publikum davon nichts mitbekommt. Mir ist aber bei einer „Romeo und Julia“ Vorstellung etwas viel lustigeres passiert. Der hintere Teil der Bühne ist im Halbkreis angeordnet und es sieht aus, als ob verschiedene Türen da wären. Bei einer Vorstellung stellte ich einen Mönch dar und ich musste in Romeos Albtraumszene rückwärts gehen. Ich hatte sehr viel Schwung und schlug versehentlich ein Loch in eine dieser Türen. Aus dem Publikum heraus konnte man deutlich erkennen, dass dahinter unsere ganzen Requisiten gelagert waren. Wir Schauspieler haben das ntürlich auch mitbekommen und mussten uns sehr zusammenreißen, um nicht laut los zu lachen.
Hast du ein Lieblingskostüm?
Schweighofer: Ich liebe das Ballkleid und auch das Kleid der Julia.
Was war das lustigste Kostüm, das du jemals getragen hast?
Schweighofer: In meiner Zeit im Festspielchor in Salzburg, ich war zehn, wurden wir mal von oben bis unten in Luftpolsterfolie gewickelt.
„Romeo und Julia“ wurde im Jänner 2024 das letzte Mal aufgeführt. Hast du schon Pläne für die Zukunft?
Schweighofer: Ab Mai bis Juli werde ich in „The Rocky Horror Show“ als „Janet“ in Regensburg dabei sein. Derzeit laufen viele Bewerbungen für Shows ab Herbst, ich bin schon gespannt wo es mich hinverschlagen wird. Toll wäre es, wenn ich ein Teil eines Fixensembles in einem Theater werden könnte.
Wie schaut denn der Alltag einer Musicaldarstellerin aus?
Schweighofer: Es ist sehr wichtig, immer gut in Form zu bleiben. Täglich für mich ins Fitnessstudio zu gehen gehört ebenso dazu wie regelmäßige Tanzstunden. Auch Gesangsstunden nehme ich nach wie vor. Die Stimme ist ein Muskel – wenn er nicht trainiert wird, kommt er aus der Form.
Das klingt sehr anstrengend. Hast du schon Pläne für eine Zeit nach deiner aktiven Musicalkarriere?
Schweighofer: Derzeit genieße ich mein Leben sehr und übe auch meinen Beruf leidenschaftlich gern aus. Aber natürlich kann man diesen Beruf in dieser Form nicht ewig ausüben. Ich würde später gerne Musicalunterricht für Kinder geben – da kommt mir natürlich meine Ausbildung in der Kindergartenschule sehr gelegen.
Inverview: Elisabeth Dürnberger