In Thalgau waren die Glöckler unterwegs

Als in Thalgau Abend des 4. Jänners die Glöckler im Ortszentrum eintrafen, endete auch die Zeit der Rauhnächte. Mit ihren erleuchteten Kappen bringen die Glöckler nicht nur Licht in die dunkle Jahreszeit. Sie vertreiben auch die Geister und Dämonen, die dem Aberglauben nach in den zwölf Rauhnächten zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Jänner unterwegs sind. Die Glöckler haben waren um 1850 zum ersten Mal in Ebensee unterwegs. Sie trugen Kuhglocken und transparente Papierlaternen in die Muster gestanzt wurden und von innen mit Kerzen beleuchtet waren auf den Köpfen. Dabei marschierten sie im Gänsemarsch und tanzten bestimmte Figuren, um die Dämonen zu vertreiben. In Thalgau sind die Burschen des Trachtenvereins „D´Wartenfelser“ seit 1991 am 4. Jänner als Glöckler unterwegs.

Die Rauhnächte entstanden durch die Differenz der Tage zwischen Mondjahr und Sonnenjahr. Das Mondjahr ist um elf Tage und zwölf Nächte kürzer als das Sonnenjahr. Daher kommt auch die Redewendung „Zwischen den Jahren“, da diese Tage keinen Monat zugeordnet waren und zwischen Dezember und Januar standen.
Um diese Nächte ranken sich viele Mythen und es werden viele unterschiedliche Bräuche praktiziert. So entstand der Aberglauben, dass es Unglück bringt, zwischen Weihnachten und Neujahr Wäsche nach draußen zu hängen. Außerdem soll unverheirateten Frauen an einem Kreuzweg um Mitternacht ihr zukünftiger Bräutigam erscheinen und die Tiere im Stall können um Mitternacht den Menschen die Zukunft voraussagen.
Viele dieser alten Bräuche und Sitten sind verschwunden. Die Glöcklerläufe aber sind geblieben und werden auch heute noch in vielen Gemeinden des Salzkammergutes gepflegt und auch in Thalgauer hat der Glöcklerlauf der Burschen des Trachtenvereins „D`Wartenfelser“ inzwischen eine mehr aus 30-jährige Tradition.
Brauchtumsforscher glauben, dass sich der Glöcklerlauf in seiner heutigen Form aus mehreren Brauchtumselementen an der Südspitze des Traunsees entwickelt hat und von dort im Laufe des letzten Jahrhunderts verbreitet wurde. Volkskundler (Grieshofer und Gillesberger) vertreten die Meinung, dass der Glöcklerlauf eine Erfindung des 19. Jahrhunderts ist und zwar aus einer wirtschaftlichen Notsituation heraus: In der Saline Ebensee wurde ab der Mitte des 19. Jahrhunderts anstelle von Holz Braunkohle (aus dem Hausruck) zum Heizen der Sudpfannen verwendet, was fatale Folgen für die rund 900 Männer hatte, die in der Holzbringung beschäftigt waren. Sie standen plötzlich ohne Arbeit und Einkommen dar. Um nicht um Unterstützung betteln zu müssen, boten sie unter anderem ein Spektakel: das „Glöckeln“. Glöckeln dürfte somit eine besondere Art des rituellen Bettelns gewesen sein.
Um 1900 werden die maskierten Glöckelngeher von den Glöcklern verdrängt, die anstelle der Gesichtsmasken Papierfransen an der Unterseite der Kappe geklebt hatten. Und die weiße Kleidung war die ohnehin vorhandene Arbeitskleidung der Sud-Arbeiter. Für eine Ausbreitung dieses „neuen“ Brauches in andere Gegenden sorgten unter anderem Ebenseer, die auswanderten und auch in ihrer neuen Heimat diesen Brauch praktizierten.
Der Glöcklerlauf beginnt bereits am Vormittag. Die Glöckler ziehen dann von Haus zu Haus, wo sie mit regionalen Gerichten und warmen Getränken versorgt werden. Im rhythmischen Laufen und Tanzen der Glöckler und dem beständigen Läuten der Glocken sollen die bösen Geister vertrieben und die guten Geister geweckt werden, die das unter der Schneedecke schlummernde Getreide zum Wachsen bringen sollen. Die von den Passen gelaufenen Kreise, Schleifen oder Achter sind als Symbole für die Unendlichkeit zu deuten. Nach Einbruch der Dunkelheit kommen die Glöckler ins Ortszentrum, um den eigentlichen Glöcklerlauf durchzuführen. Dabei werden Mäander und Schleifen.
Die heute von den Glöcklern verwendeten Kappen besteht aus einem Holzgerüst mit Papierummantelung und sind bis zu zwei Meter hoch. Sie sind kunstvoll gestaltet und haben verschiedene Formen. Das reicht von riesigen Sternen über Kreuze bis hin zu Gebäuden. Zur Beleuchtung dient eine Kerze. Nachdem die Motive am Gerüst angebracht sind, wird die Kappe lackiert. Anschließend werden die sogenannten weißen Franserln an den Kanten der Seitenflächen angebracht. Die Franserln bestehen aus weißen Papierstreifen, die eingeschnitten werden. Bei modernen Kappen werden Kerzen manchmal durch kleine Glühbirnen oder LED-Lampen ersetzt, um die Brandgefahr zu bannen. Das fehlende Flackern der Kerzen beeinträchtige nach Meinung von Kennern und Verfechtern der Traditionen jedoch die urtümliche Stimmung.