Der Adler aus Seekirchen

Seekirchen ist die Heimat des erfolgreichen, 31 jährigen Skispringers Daniel Huber. Im Winter 2023/2024 konnte er die kleine Kristallkugel für den Skiflug Weltcup holen.

Im Salzburger Seenland ist Skispringen ein eher unüblicher Sport. Wie bist du dazu gekommen?

Huber: Ursprünglich war ich im Skiclub Seekirchen. Mein damaliger Trainer im Skiclub war auch mal Skispringer und hat uns gefragt, ob wir denn auch mal Skispringen möchten. Für meinen Bruder Stefan und mich war sofort klar: das probieren wir aus!

Wie alt warst du, als du zum ersten Mal auf den Sprungskiern gestanden bist, und wie war es?

Huber: Beim ersten Mal war ich acht Jahre alt. Am Anfang springt man auf kleinen Schanzen, da ist die Überwindung noch nicht so groß. Dann wird die Höhe langsam gesteigert, und auch die Überwindung wächst dann mit.

Wie haben eure Eltern auf euren Wunsch reagiert, Skispringer zu werden?

Huber: Natürlich wäre ihnen ein Sport lieber gewesen, den man bei uns im Ort ausüben kann. Trotzdem haben sie uns immer unterstützt und uns unglaublich viel herun gefahren. Oft sind wir direkt nach der Schule noch zum Training gefahren. Mittagessen hieß für meinen Bruder und mich dann schnelles Essen aus Plastikdosen während einer langen Autofahrt.

Thema Essen: Skispringer sind immer wieder in den Medien aufgrund ihres Gewichts. Wie empfindest du das?

Huber: Je leichter der Athlet ist, desto weiter fliegt er. Früher gab es deswegen wirklich oft Probleme, dass nur mehr auf das Gewicht geachtet wurde. Mittlerweile liegt aber zum Glück nicht mehr nur das Gewicht im Fokus, sondern die gesamte Athletik. Dass die Athleten mittlerweile viel gesünder und fitter sind, lässt sich unter anderem daran erkennen, dass die aktiven Skispringer immer älter werden. Das gelingt uns Skispringern nur, wenn jeder sein eigenes Wohlfühlgewicht hat. Wir essen alle drei mal täglich und auch Pizza oder Burger kommen manchmal auf den Teller.

Würdest du dich als Adrenalinjunkie bezeichnen?

Huber: Ja! Ohne diesen Adrenalinkick könnte ich mir das Leben derzeit noch nicht vorstellen. Wobei nicht nur das Adrenalin beim Sprung selbst viel hergibt, auch das ganze Rundherum -das Gewinnen, das Reisen, der Rummel – macht in gewisser Weise süchtig.

Mittlerweile bist du ja ein sehr bekannter Skispringer. Wie geht es dir in deiner Heimat, wirst du oft erkannt?

Huber: Seit ich dieses Jahr mit der kleinen Kugel heimgekommen bin, kommt es tatsächlich öfter vor, dass ich von Leuten angesprochen werde. Es freut mich, dass sich die Leute über meinen Erfolg mit mir mitfreuen. Gerade in einem Heimatort, in dem Wintersport nicht so alltäglich ist, ist das nicht selbstverständlich. Allerdings muss ich schon auch zugeben, dass diese Bekanntheit auch anstrengend sein kann. Ich bin nicht so oft daheim und möchte die Zeit, wenn ich dann da bin, auch mit meiner Familie nutzen.

Du hast eine elf Monate alte Tochter. Hat sich für dich etwas geändert, als sie geboren wurde?

Huber: Wenn ich nach Hause komme und mit meiner Tochter spiele, ist es ihr völlig egal, ob ich gerade gewonnen habe oder der Letzte bin. Für sie zählt nur, dass ich jetzt bei ihr hier bin. Diese Erfahrung verleiht mir tatsächlich eine gewisse Leichtigkeit, sie zeigt mir ganz deutlich, dass der Sport und der Wettkampf nicht das Wichtigste sind. Und diese Leichtigkeit verhilft mir wiederum bei meinen Sprüngen.

Was motiviert dich sonst noch?

Huber: Neben meiner Familie ist auch das gesamte Team super. Wir verstehen uns alle sehr gut und pushen uns gegenseitig. Es wird viel gelacht, wir haben Spaß. Wenn ein Team so viel Zeit miteinander verbringt wie wir, wächst es schon zusammen.

Stichwort Huberbrothers: Wettkampf oder Bruderschaft?

Huber: Mein Bruder Stefan und ich haben gemeinsam das Skispringen begonnen und waren natürlich immer in einer Art Wettkampf. Aber wir haben uns stets gegenseitig unterstützt und gepusht. Mittlerweile hat er zwar mit dem Skispringen aufgehört, ist aber nach wie vor einer meiner engsten Vertrauten im Sportbereich, auf dessen Ansicht und Tipps ich sehr viel Wert lege. Auf ihn kann ich mich immer verlassen, er steht mir mit Rat und Tat zur Seite.

Wie oft bist du unterwegs?

Huber: Über 200 Tage im Jahr bin ich nicht daheim. Mitte November bis Mitte April bin ich jedes Wochenende wo anders. Ein bisschen gewöhnt man sich schon an das Reisen und den Jetlag, anstrengend ist es aber dennoch.

Du bist beruflich schon viel herum gekommen. Nutzt du das aus, um Sightseeing zu machen?

Huber: Ich bin zwar schon oft zum Beispiel in Japan oder Amerika gewesen, gesehen habe ich bisher aber so gut wie gar nichts. Unser Terminkalender ist voll, meist sehen wir nur die Hotels und Trainingseinrichtungen. Daher fahre ich auch gerne mit meiner Familie auf Urlaub – dann genieße ich es aber umso mehr, wenn diese Zeit einfach nur unverplant ist.

Wie bereitest du dich im in der warmen Jahreszeit auf den Winter vor?

Huber: Im Frühling bin ich viel daheim, da gibt es eine längere Pause. Ab Ende April startet wieder die Vorbereitung. Im Sommer springen wir auf Schanzen mit Keramikspuren, die bewässert werden. Das funktioniert zwar schon, fühlt sich aber natürlich ganz anders an als ein Sprung im Schnee. Auch die warme Luft trägt den Athleten ganz anderes als kalte. Salopp gesagt: Je kälter die Luft ist, desto mehr Feedback bekommt man von ihr.

Aufgrund deiner Verletzungen musstest du auch den Telemark umlernen. Ist das schwierig?

Huber: Ich habe den Telemark sogar zwei mal umgelernt. Das erste mal nach einer Kreuzbandverletzung, und nach meiner letzten Knieoperation habe ich wieder „zurück gelernt“. Das machen wirklich nur sehr wenige Skispringer, es ist als ob man als Rechtshänder plötzlich nur mehr mit der linken Hand schreiben darf.

Deine Karriere zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass du nicht nur Höhenflüge hast. Du schaffst es aber nach jedem Tiefschlag, wieder aufzustehen und stärker daraus hervorzugehen.

Huber: Ja. Bei meiner letzten Knorpelverletzung hat mir der Arzt direkt vor der OP mitgeteilt, dass er mir nicht garantieren könne, dass ich je wieder Skispringen kann. Das war echt kein schönes Gefühl. Umso mehr ist mir mein Erfolg im letzten Winter wert und ich bin wirklich stolz auf meine Leistung. Ans Auffhören denke ich noch nicht!

Interview: Elisabeth Dürnberger, Bild: Albert Moser