VOLLMOND 4-2024

Die REPORTAGE 16 VOLLMOND 4/2024 D agmar und Thomas Seidl fingen 2012 an, aus einer Laune heraus im heimischen Garten 20 verschiedene To- matensorten für den Eigen- bedarf anzupflanzen und stellten überrascht fest, dass Tomaten keineswegs lang- weilig, fad oder wässrig sein müssen. So wurde die Leidenschaft für die durch- aus vielfältige Frucht ent- facht, seither kommen jedes Jahr neue Sorten im Garten der Seidls hinzu. „Wir sind Samensammler. Derzeit wachsen bei uns rund 60 verschiedene Sorten Paprika und 100 verschiedene Chilis. in unserem Archiv befinden sich über 2500 verschiedene Sorten von Tomatensamen, heuer haben wir auf unserem Grundstück etwa 340 Sorten angebaut, deren Samen wir verkaufen. Viele davon sind alte Sorten, die wir unbedingt weiter erhalten möchten. Zu den meisten Sorten gibt es eine Geschichte. Die Sorte „Carl´s Emslandtraube“ bei- spielsweise hat uns ein alter Herr, Carl Schniedergers, vermacht, der 70 Jahre die- se Cocktailtomate gezüch- tet hat. Es ist uns eine Ehre, diese weiterhin zu verbreiten und bekannter zu machen.“ Die Ernte der Steppenpflanzen Geerntet wird im Sommer, Die Samen werden aus den reifen Früchten geholt, ge- trocknet und anschließend verpackt. Dies geschieht al- les händisch, jedes einzelne Samenkorn wird mit viel Lie- be und mit Hilfe einer Pin- zette verpackt. „Bereits bei dem Auspflanzen der Samen beschriften wir jede einzel- ne Sorte genau. Später ist es nicht mehr möglich, die ein- zelnen Samen voneinander zu unterscheiden und den verschiedenen Sorten zuzu- ordnen. Hier ist Genauigkeit gefragt!“, erzählt Dagmar Seidl. Tipps der Tomatenflüsterer Ein weit verbreiteter Irrtum bei der Lagerung von Toma- ten ist die Kühlung, verrät Dagmar Seidl. Sobald Toma- ten gekühlt werden, büßen sie an Aroma ein. Auch gegen die typische Tomatenkrank- heit Braunfäule gibt es Tipps von den Profis: Die von dem Pilz befallenen Stellen mit einer Backpulverlösung (4- 8 Gramm Backpulver auf 1 Liter Wasser) besprühen. Der Pilz wird ausgetrocknet und der Befall der Pflanze wird eingedämmt. Außerdem ist Backpulver ungiftig und kann bedenkenlos in der Natur an- gewendet werden. Denn dass Chemie in dem Garten der Seidls nichts verloren hat, versteht sich sozusagen von selbst. Im Paradeiser Garten Bei einem Rundgang in ihrem Garten, der auf einem relativ steilen Hang liegt, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Die Seidls ha- ben in den Hang eigenständig Terrassen eingebaut, um die W eich. Rot. Rund. Wässrig. So lässt sich der Großteil der im Handel erhältlichen Tomaten beschreiben. Dass Tomaten aber weitaus mehr zu bieten haben, stellt das Ehepaar Seidl aus Tiefgraben unter Beweis. Tomatenpflanzen bestmög- lich kultivieren zu können. Thomas Seidl über den An- bau: „Der Großteil unserer Früchte wächst direkt im Bo- den und wird von uns nicht gegossen. So werden die Pflanzen sehr robust und die Früchte nicht wässrig. Wenn sich die Blätter mal einrollen oder hängen, ist das nicht wei- ter schlimm – normalerweise regeneriert sich die Pflanze wieder sobald es kühler ist. Wenn Tomaten in Töpfen wachsen, müssen diese natür- lich schon gegossen werden.“ Kaum jemand weiß, wie unterschiedlich Tomaten und auch deren Laub sein können. Groß, klein, rund, länglich, herzförmig, gestreift, gelb, grün, rot, lila/schwarz – so- gar behaarte Früchte sind in dieser unglaublichen Menge an Tomaten zu finden. Auch geschmacklich bieten die Paradeiser eine riesige Band- breite. Von säuerlich bis süß, harten Schalen und beinahe zum Aufplatzen weich – hier finden nicht nur Tomaten- liebhaber alles, was das Herz begehrt. Nur eines sind die bunten Früchte mit Sicherheit nicht: langweilig. Elisabeth Dürnberger W en jetzt die Neu- gierde ge- packt hat und sich weiter i n f o rmi e r e n oder Tomaten- samen online kaufen möch- te, findet hier alle weiteren Infos: www.tomatenflu- esterer.at https://www.you - tube.com/ @toma- tenfluesterer Die Tomatenflüsterer Dagmar und Thomas Seidl mit ein paar ihrer Prachtexemplare. Bilder: Elisabeth Dürnberger (1), Dagmar Seidl (2)

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