VOLLMOND 4-2018

Und einige Frauen haben ihre Kinder mitgebracht. So, ich glau- be, jetzt weißt Du alles, was noch irgendwie wichtig ist. Für Postenkommandant Karl Maurer ist der späte Nachmittag ins Land gezogen. Um diese Zeit geht er gerne ins Kaffeehaus. Das ist nicht weit. Nur quer über die Straße. Der Kommandant ist von seinem Posten sozusagen weg und auch wieder nicht, weil ja eh alle wissen wo er ist. Und wenn ihn jemand dringend braucht. Naja, einfach nur quer über die Straße. Gendarmerie-Aussenstel- le, gewissermaßen. Kaum hat der Maurer einen Sitzplatz in der Außenstelle ge- funden, erfährt er über Funk, dass die Kollegen aus der großen Stadt gleich eintreffen werden. Alkohol-Kontrolle im Ort. Schon war die bisher gute Laune weg. Weil das war das letzte, was der Maurer heute noch brauchte. Irgendwelche Autofahrer kontrol- lieren, ob sie Alkohol getrunken haben. Und das auch noch am helllichten Tag. Das wäre dem Postenkommandanten nie einge- fallen und er kann sich nur vorstellen, dass den Kollegen in der Stadt einfach nur fad ist. Ungefähr zur gleichen Zeit, als die Stadtinger unter den mürri- schen Blicken Maurers denAlkomat in Stellung brachten, verließ Elfi Schreckenreiter mit zwei ihrer drei Kinder die Tupperparty. Und nach nicht einmal einem halben Kilometer ging´s Schlag auf Schlag. Verkehrskontrolle. Papiere. Warnweste und Pannendrei- eck. Und blasen. Elfi hatte fast ein Promille. Konnte sich das aber nicht erklären und begann mit den Beamten ein lebhaftes Ge- spräch, um den Disput einmal nur von der ganz vorsichtigen Sei- te zu betrachten. Die Burschen und das eine Mädchen in Uniform waren überzeugt, mit Elfi Schreckenreiter jetzt eine Alkolenkerin gefasst zu haben. Die aber wehrte sich heftig, behauptet überzeu- gend, schon seit Tagen keinen Alkohol getrunken zu haben. Puh, da ging´s zu, das sag ich dir. Hin und wieder wurden die Worte sogar lauter. Auf beiden Seiten. Nur der Karl Maurer sagte nichts. Den war das eher nur peinlich. Weil Elfis Mann, guter Feund vom Karl. Kegelbruder und Sitznachbar im Stadion, Wanderspezi und Stammtischbruder. Deshalb hätte er die Elfi nie kontrolliert. Und siehst, deshalb schicken die vom Landeskommando auch immer wieder fremde Partouillen zu Alkoholkontrollen und überlassen das nicht den örtlichen Polizisten. Aber das will ich jetzt nur so ganz nebenbei gesagt haben. Und vielleicht denkst daran, wenn dich in den nächsten Tagen oder Wochenende ein dir unbekann- tes Amtsorgan zur Verkehrskontrolle bittet. Wenn wir jetzt wieder unseren Blick auf Elfi und die Polizisten werfen, dann sind wir bei einer Phase angelangt, in der Elfi ein- fach behauptet, dass der Alkomat kaputt ist. Was die Beamten na- türlich heftigst verneinen. Und jetzt horch aufmerksam zu. Weil von was ich dir jetzt berichte, ist entweder eine Fügung Gottes, eine unglaubliche Portion Frechheit oder das untrügliche Gefühl einer Mutter für ihre Kinder. Wahrscheinlich aber eine Mischung aus allem. Elfi bringt die Polizisten so weit, dass sie mit Hilfe ih- rer Kinder denAlkomat überprüfen. Und jetzt kommt die Überra- schung. Hätten die beiden Knirpse Führerschein, wären die auch weg. Beide Kinder weit über 0,5 Promille. Da bricht der härteste Gesetzeshüter weg und verflucht die Technik und gibt kleinlaut zu, dass auch ein Alkomat kaputt sein kann. Erst daheim gibt´s die Strafpredigt für die Kinder. Weil Ver- kehrskontrolle hin, Verkehrskontrolle her. Es kann doch wirklich nicht sein, dass sich die Sprößlinge schon wieder hinter dem Rü- cken ihrer Mütter über die Bowle her gemacht haben. Für Karl Maurer geht ein letztlich doch eher ruhiger Tag zu Ende. Die Kollegen aus der Stadt sind nach der einzigen Alko- holkontrolle mit ihrem vermeintlich kaputten Alkomaten abge- zogen. Gerade rechtzeitig, so dass sich vor Dienstschluss für den Karl noch ein Bier und ein Schnapserl im Kaffeehaus ausgehen. Und sich die Erkenntnis einstellen kann, dass er sich am Morgen doch nicht getäuscht hat, der Karl. Als ihm zwischen den letzten verwirrenden Träumen und den ersten klaren Gedanken die Er- kenntnis kam, dass heute nix passieren wird.  2018 Kurzgeschichte 47

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