VOLLMOND 2-2021
VOLLMOND 2/2021 43 roider am Fensterplatz saß. „Ist das ein Vogerl?“ Dabei verdrehte er die Augen, als würde er Engerl im Himmel singen hören. Der Vorderroider sagte nichts. Weil zum einem kaute er gerade an einem Stückerl Henderl herum und zum an- deren schmeckte für ihn der Vogel ganz und gar nicht wie mit Mais aufgezogen, son- dern nach Abwaschfetzen. Gut. Das Hendl war zarter als ein Fetzen. Aber sonst? Noch gab sich der Vorderroi- der aber nicht geschlagen. Er würgte und kaute, zögerte das Schlucken so lange wie mög- lich hinaus und wenn es gar nicht mehr ging, ließ er das Henderl auch nur in kleins- ten Brocken durch seinen Schlund rutschen. Irgend- wann ging aber nichts mehr. Er schob das Gerippe mit den restlichen Fleischfetzen um Oberschenkel und Flügerl auf dem viel zu kleinen Plastik- teller so gut es ging zur Seite und aß nur mehr das Gemüse und die Erdädpfeln. Die hat- ten zwar auch irgendwie den Geschmack des Hendls an- genommen, aber bei weitem nicht so schlimm, dass man sie nicht hätte essen können. „Fertig“, fragte die Stewar- dess, als sie das Plastikge- schirr abräumte. Der Vorder- roider nickte nur. Du musst wissen, dass ihm zu diesem Zeitpunkt die Oberlippe brannte und sich seine Zunge irgendwie taub anfühl- te. Dass man in diesem Zustand nicht viel sagen will, wird jeder verstehen. Und trotzdem kam dem Vorderroider ein Schrei des Entsetzens aus, als ihm die Stewardess ein weite- res kleines Papiersackerl mit einer aufgedruckten Zitrone unter die Nase hielt und fragte: „Brauchen´s vielleicht noch ein zweites Reinigungstücherl, um sich die Hände abzuwischen?“ Wer kennt jetzt nicht den Spruch von der Schaden- freude, die irgendwie die schönste Freude sein soll. In dem Moment hat das für Vorderroiders Vereinskolle- gen garantiert gestimmt. Weil die lachten alle plötzlich blöd auf. Ich sag dir was. Da hät- te dir der Vorderroider auch leid getan. Weil wennst jetzt glaubst, dass niemand des Vorderroiders Missgeschick bemerkt hätte, dann irrst dich gewaltig. Und nachdem du das jetzt weißt, wirst dir weiter denken können, dass alle diebisch zugeschaut ha- ben, wie der Vorderroider sein Hendl mit dem Reini- gungstücherl abgewischt hat. Aber glaubst, es hätte einer etwas gesagt? Schöne Freun- de. Aber wer kennt das nicht aus eigener Erfahrung. Wie heißt´s: Wer solche Freun- de hat, braucht keine Feinde mehr. Oder so ähnlich halt. Ihr wisst schon was ich mei- ne. Dass bereits nach der Lan- dung wieder beste Stimmung herrschte, ist der Gutmütig- keit des Vorderroiders zu ver- danken. Nachtragend? Ach woher. Und als ihm im Duty Free-Shop die Kollegen noch eine Flasche Whisky kauf- ten, war auch der Geschmack nach frischen Reinigungstü- cherl rasch verschwunden. V iel braucht man ja jetzt nicht zu sagen, zur südli- chen Steiermark. Egal ob mit dem Wohnmobil oder dem Motorrad, ob mit dem Fahr- radl oder zu Fuß. Die Gegend südöstlich von Graz ist im- mer eine Reise oder einen Ausflug wert und verzückt uns mit seinem unvergleich- lichen Charme. Sanfte Hü- gel prägen die Landschaft und erfreuen das Auge. Köstliche Schmankerl und unvergleichliche Weine schmeicheln dem Gaumen. Kurzum: Wer hier unter- wegs sein möchte, kann das durchaus auch auf Schusters Rappen tun und wird schon nach den ersten Schritten feststellen, dass in der Südsteiermark die Uhren wirklich noch ein bisserl anders ticken. Einen unver- zichtbaren Führer für diese Wanderungen haben jetzt Anni und Alois Putz geschrieben. Die beiden waren „grenzenlos ge(h) mütlich“ in der Steiermark und Slowenien unterwegs und zei- gen uns 40 Ziele, die man unbedingt ansteuern sollte. Dazu gibt es für jedes Ziel einen Gutschein mit einem Gesamtwert von 90 Euro. Verlag Anton Pustet, ISBN 978-3-7025-1011-4 , 280 Seiten, € 24,-. B itte einsteigen! Unter diesem Motto hat sich Christian Heugl die Wander- schuhe angezogen und ist zu Touren in Salzburg und der Umgebung aufgebrochen. Also wieder einer von zahl- losen Wanderführern? Mit- nichten. Christian Heugl hat seine Touren so ausgewählt, dass sie alle mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreich- bar sind. Dementsprechend auch der Titel des Bücherls: „Startpunkt Haltestelle“ spannt mit 50 Wandertouren den Bogen vom Flach- gau bis ins Salzkammergut. Jede Tour ist genau beschrieben mit exakten Angaben wie Länge, Gehzeit und Höhenmetern. Dazu gibt’s schöne Fotos und Landkarten zur Orientierung. Verlag Anton Pustet, ISBN 978-3-7025-1009-1, 280 Seiten, € 22,-. Weggehen wo die Öffis halten Klapotetz, Wein, Schlösser und erlosche Vulkane WANDERSGESELLEN
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