DOPPELPUNKT Oktober 2023

August 2023 Seite ?? Aktuelle Rundschau Schier unendlich ist der Fundus, aus dem Peter Winkler für seine Arbeit schöpfen kann. Alle Bilder: Rule denen er sich wahrscheinlich gut und gerne auf der Stelle ein halbes Dutzend Motor- räder zusammenschrauben könnte. Aber darum geht es Peter Winkler gar nicht. Der ist ein Tüftler, seit Jahrzehnten ein wahrer Spezialist für Zwei- takt-Motoren mit einem schier grenzenlosen techni- schen Wissen, das er jetzt beim Tuning von Puch-Mo- toren einfließen lässt. Dazu konstruiert er eigene Zylin- der, flantscht die Vergaser vorne an, anstatt hinten und erhält so eine bessere An- strömung zwischen dem Dop- pelpleuel. Er verändert Steu- erzeiten und Auspufffüllung und überlässt dabei nichts dem Zufall. Denn jede Ände- rung an einem Motor wird am Prüfstand kontrolliert. „So se- he ich sofort, was meine Ver- besserungen tatsächlich in der Praxis bringen.“ Das wissen vor allem Fah- rer von Oldtimerrennen zu schätzen. Für sie ist Peter Winkler die erste Adresse wenn es darum geht, einen schnellen und vor allem standfesten Motor für die Be- werbe zu bekommen. Peter Winkler geht aber noch weiter und hat inzwi- schen einen eigenen Motor- radrahmen konstruiert: „In erster Linie natürlich für Puch-Motoren. Aber es kann auch jeder andere Motor in meinen Rahmen gehängt wer- den.“ Jahrzehntelang hat sich Pe- ter Winkler mit Zweitaktmo- toren beschäftigt. Krönung dieser Arbeiten ist eine Aus- lasssteuerung mit Ventilen, für die der Thalgauer sogar ein Patent besitzt. Vor gut 20 Jahren hat er dieses bekom- men und war damals Trend- setter. „Denn die modernen Entwicklungen in diesem Bereich gehen genau in die- se Richtung“, sagt Winkler und ist deshalb auch nicht erstaunt, dass in China jetzt ein riesiges Transportschiff gebaut wird, das von einem Zweitaktmotor angetrieben werden soll. Wieso interessiert einen Ex- perten wie Peter Winkler ausgerechnet Technik von vorgestern? Winkler: „Ich sehe bei den Puch-Motoren ein großes Po- tential. Dazu kommt die enor- me Beliebtheit dieser Ma- schinen bei den Oldtimer- freunden. Diese Paarung reizt mich.“ In ihrem Haus haben Sie ei- ne unendlich große Menge an Puch-Motoren und Er- satzteilen. Woher kommen diese Sachen? Winkler: „Ich bin nicht nur Techniker. Ich bin auch ein begeisterter Sammler und kann auch noch Flohmarkt- funde brauchen, die sonst für viele andere wertlos sind. Wenn ein Zylinder abgebro- chene Kühlrippen hat, ist das für mich kein Problem. Das kann ich reparieren. So wie alle anderen Schäden auch.“ Und tatsächlich sind der Keller und die Garagen in Winklers Einfamilien- haus nicht nur unendliche Fundgruben für Ersatzteile. Winkler hat auch eine perfek- te Werkstätte. Von Fräsma- schinen über Drehbänke, von modernsten Schweißgeräten bis eben hin zum bereits er- wähnten Motorenprüfstand. Ein Problem hat Peter Winkler trotzdem: Platzman- gel. Und so stehen selbst im Wohnzimmer einige Moto- ren, die Winkler gebaut hat. Vom 300er KTM-Motor mit der von ihm entwickelten Auslasssteuerung bis hin zu kleinen Motoren mit 30 Ku- bikzentimeter Hubraum, die an jedes Fahrrad geschraubt werden können. Weniger Platz als seine Motoren brauchen die acht Bücher, die Winkler in den vergangenen Jahren geschrie- ben hat. Alles Fachbücher. Zwar für Spezialisten, aber trotzdem auch für Laien ver- ständlich: „Wenn sich jemand an meine Bücher hält, kann er sich selbst ein Motorrad bauen oder eine 250er Puch tunen“, sagt Peter Winkler. Dass seine Bücher inzwi- schen von einigen HTL-Leh- rern als Grundlage für ihren Unterricht verwendet wer- den, macht Winkler schon ein bisserl stolz und er zeigt so ganz nebenbei ein Schreiben von der HTL in Salzburg, in dem ihm Direktorin Christi- ne Hohenwarter technisches Wissen bestätigt, dass für jede Diplomarbeit an ihrer Schule reichen würde. Peter Winkler aus Thalgau, also gewisser- maßen eine Art Ingenieur h. c.? Winkler winkt ab: „So kann man das jetzt auch wie- der nicht sagen. Ich bin und bleibe ein begeisterter Bast- ler für den es nichts schöneres gibt, als einen Motor, der nach stundenlanger Tüftlerei und nächtelangen Schraubereien auf dem Prüfstand dann per- fekt läuft und mehr Leistung bringt als vorher.“ Rupert Lenzenweger

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