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KURZGESCHICHTE Neulich habe ich den Schrems bei einem Freund getroffen. Wir haben ein bis- serl auf Fasching gemacht. Papierschlangen geworfen, Konfetti gestreut und ein paar Bier getrunken. Also ganz harmlos. Da ist dem Schrems plötzlich eine Geschichte ein- gefallen. Also, horch zu. Es gab einmal Zeiten, wo noch nicht so viele Frauen bei der Polizei waren. Anders als heutzutage, wo dich praktisch bei jeder Verkehrskontrolle eine Frau durch die herunter- gekurbelte Seitenscheibe an- lacht. Wo zarte Frauenhände nach den speckigen Autopa- pieren greifen und dich Grazi- en ins Röhrl blasen lassen um dazu verführerisch lispeln: „Ist eh nur ein Vortest“. Also in den Tagen, in denen Polizistinnen noch so selten waren wie Lottosechser, wur- de ausgerechnet dem Posten vom Schrems eine Polizei- schülerin zugeteilt. Wenn ich dir jetzt sage, dass das auch bei den Kollegen für ziemlich Aufregung gesorgt hat, dann wird dich das nicht wundern. Weil Polizist hin, Gendarm her. Unter der Uniform ist der Amtsträger halt auch nur ein Mann. Und Mann und Frau. Naja, eh schon wissen. So haben alle am Posten dem Tag mit der Neuen ent- W enn´s mir der Karl Schrems nicht persönlich erzählte hätte, ich würd´s nicht glauben. So aber. Schrems schon eine ver- lässliche Quelle. Und Übertrei- bungen? Kennt der Schrems nicht. Eher schon anders. Da kann´s schon passieren, dass der Schrems so manchen Vorfall herunterspielt. Weil du musst wissen: Der Karl Schrems war bis zu seiner Pen- sionierung Kommandant eines Gendarmeriepostens im Mond- seeland und hat als solcher viel erlebt. Hin und wieder erzählt er mir Geschichten aus seiner aktiven Zeit als Gendarm. Der hat Sachen erlebt, sag ich dir, da kannst nur mehr staunen. Von Josef R. GHEZZI Laute Musik und alkoholi- sche Getränke, Zigarren und jede Menge gute Laune. Bis es an der Türe läutet. Der Hausherr macht auf und sieht ... die hübsche Politesse vor sich. Ob es einfach nur die ausgelassene Stimmung war oder vielleicht auch schon ein bisserl der Alkohol, traue ich mir jetzt nicht zu sagen. Nur soviel. Der Hausherr zog falsche Schlüsse. Und spätes- tens als die hübsche Politesse kund tat, dass sie da sei, um den jungen Mann auf ein of- fenes Fenster beim auf der anderen Straßenseite gepark- ten Auto aufmerksam zu ma- chen, gab es für die feiernden Junggesellen keine Zweifel mehr: „Komm herein und zieh dich aus!“ Schon war die junge Gesetzeshüterin gefan- gen. In einer Höhle mit lauter Musik und einem Dutzend junger Männer. Von denen jeder glaubte, dass der andere es war, der eine Stripperin als Höhepunkt für die Party be- stellt hat. Ganz genau kann sich der Schrems jetzt auch nicht mehr erinnern. Aber es hat doch einige Zeit gedauert, bis die junge Polizistin den Irrtum aufklären konnte. Sie dürf- te es aber geschafft haben, noch bevor ihr die Burschen die Uniform vom Leib ge- rissen haben. Weil dass sie der Auf- f o r d e r u n g „auszie- hen, aus- z i ehen“ nicht nachge- kommen ist, ver- steht sich eh von selbst. Obwohl, tatsächlich darauf schwören, will der Schrems jetzt auch wieder nicht. Weil auf dem Posten haben sich die Gen- darmen schon gewundert, wo ihre neue Kollegin so lange bleibt. Daran kann sich der Karl Schrems noch verläss- lich erinnern. „Lange her die Sache“, lä- chelte der Schrems nach dem Erzählen der Geschichte in sich hinein. „Und die Polizeischülerin?“ will ich wissen. „Ist irgendwann bei der Kripo in Linz gelandet. Oder in Salzburg. Könnte aber jetzt auch schon in Pension sein“, weiß der Schrems. Was aus den Junggesellen geworden ist, ist natürlich auch nicht überliefert. Aber dass bis heute nicht alle daran glauben, dass die Polizei tat- sächlich wegen eines offenen Autofensters kommt, scheint mir jetzt auch nicht so an den Haaren herbeigezogen. Auch wenn´s der Schrems bei sei- nem Augenlicht schwört. gegen- gefiebert. Da waren dann plötzlich alle da. Auch die, die eigentlich frei hätten. Wie gesagt, es waren halt noch andere Zeiten. Und was soll ich dir jetzt sagen. Kein einziger der Gendarmen hat diesen Tag bereut. Denn die Frau Inspektor. Aber hallo. Gut gebaut, sympatisches Lächeln. Kurzum: Innerhalb von Sekun- denbruchteilen waren alle von der neuen Kollegin verzaubert. Bevor ich mich jetzt ganz verzettel, erzähle ich dir, was mir der Schrems berichtet hat. Der kann sich nämlich noch genau erinnern, dass sich an diesem Tag eine Frau gemel- det hat, um die Gendarmen darauf aufmerksam zu ma- chen, dass seit einigen Tagen vor ihremHaus einAuto steht. Mit geöffneter Seitenscheibe. Wennst jetzt glaubst, dass das die Polizei nicht interes- siert, dann liegst falsch. Im Gegenteil. Weil alle der neu- en Kollegin zeigen wollten, wie so etwas geht, haben sie innerhalb von ein paar Minu- ten gewusst, wem das Auto gehört. Lenkererhebung, oder so ein Zeugs halt. Auch wo der Mann wohnt, blieb nicht lange ein Geheimnis. Und schnell war auch beschlossen: Das erledigt die Neue. Wir wechseln den Schau- platz und das verlangt jetzt etwas Phantasie von dir. Weil anstatt in einer muffigen Be- amtenkanzlei sind wir jetzt mitten drinnen in einem Junggesellen Faschingsfest.
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